Dorftratsch oder Stadtgeflüster

Leben und lieben lassen

Kathrin Friedrich, Ortschronistin und Redakteurin des Cospeboten, befragt die Einwohner Cospedas und Passanten: Ist Cospeda für Sie eine Stadt oder ein Dorf?

Künstlerin Aurelia Müller- Auenwald: Ach, Sie verfassen einen Artikel für den Cospeboten? Da hätte ich eine kleine Bitte. Könnten Sie erwähnen, dass ich vorhabe, eine Vernissage im Kulturgut zu veranstalten? Ich werde meine Gemälde ausstellen. Bäume in Öl. Solche Bäume gibt es nur in einem sehr alten Dorf wie Cospeda.

Altbäuerin Rosemarie Buttler: Was solln die Frache. Mir wohn in än Dorfe, och wenn die letzte Kuh vor Jahren ausjewandert is. S is änne Schanne. Heide giebts nur noch Häppen- na Ziechen. Meine läuft immer wech, das Ludder. Frieher war das keen Problem, da haben se se mär wedderjebracht.

Studentin Ann- Sophie Hegelt: Ähm. (Pause) Vor dem Hintergrund meiner noch in Arbeit befindlichen Seminarfacharbeit zum Thema der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung im ländlichen Raum zwischen 1950 und 1990 würde ich den dörflichen Charakter Cospedas doch hervorheben. (Pause) Hätten Sie dahingehend vielleicht Informationen für mich?

Städter Björn Heldt: Wofür ist denn die Umfrage, für den Cospe-Boten? Das Dorfblatt? Cute – da würde ich auch mal drin blättern. Gibt’s das auch online? Also, ich bin ein richtiger Cospeda- Fan: Ich komme immer gern hier raus ins Grüne, das ist doch wie eine Zeitreise. Also ja, definitiv Dorf.

Jäger Rudolf Kühnemund: Ich wohne schon über 50 Jahre in Cospeda. Warum die Leute Angst vor mir haben, weiß ich nicht. Seit 1964 verehre ich ein Mädchen aus diesem Dorf. Das bleibt aber mein Geheimnis. Meine Flinte ist meine Braut, die Braut des Jägers. Die gehört zu mir und lässt mich nie im Stich.

Fast Hundertjährige Lydia Lehmann: Wie war de Frache? Was Cospeda für meche es? Sind Se aus dem Unterdorf? Solche Fragen können nur die Neucospedaer stelle. Na, was solls sei- een Dorf mit veel zu veelen Städtern. Früher war Cospe noch scheene, als mer noch unger uns ware. Es schone lange her.

Postbote Mike Pechmann: Cospeda? Ist ein Stadtteil von Jena! Auf der Post steht ja auch „Jena“ drauf. Hier kommen Karten aus der ganzen Welt an. Sogar aus Boston! Ich fahre jeden Tag hierher, auch wenn nichts auszutragen ist. Es ist schön hier, all die Menschen, besonders die Frauen.

Hellseherin Christine Stiebritz: Ich weiß schon, du spürst den Widerstreit im Empfinden der Menschen genauso wie ich. Dorf oder Stadt ist nicht wichtig, die Frage müsste doch lauten: Nimmt mich der Ort auf, passe ich zu ihm? Bei solchen existenziellen Fragen kann ich an der Liebesbank helfen.

Stocksportlerin Agnes Stöckert: Ha. Da brauchen Sie nicht zu fragen. Gibt es in der Stadt so gute Luft? Riechen Sie doch mal. Wie sich die Lungen mit Luft füllen, herrlich, oder? Cospeda ist für mich ein Fitnessparadies, große Flächen, Berge. Puls fällt- muss los zum Napoleonstein. Sport frei!

Anmerkung der Redaktion: Die Ersterwähnung Cospedas wird, aufgrund einer Urkunde der Burggrafen von Kirchberg, auf das Jahr 1259 datiert. Seit der Eingemeindung am 1.7.1994 ist Cospeda ein Stadtteil der kreisfreien Stadt Jena. Eine historische Zäsur ist zweifellos die Schlacht von 1806, die in Cospeda im Museum 1806 historisch einwandfrei dargestellt wird. Kathrin Friedrich, Ortschronistin